Immer wieder ist der Biber in Eichgraben ein Thema – nun hat Umweltgemeinderätin Helga Maralik dazu einen Bericht verfasst, den wir hier gerne veröffentlichen. Der Biber ist durch seine Lebensweise ein wahrer Landschaftsgestalter, der u.a. mit seiner Aktivität zum Wasserrückhalt in der Landschaft und zum Anstieg der Artenvielfalt beiträgt. Gleichzeitig können durch sein natürliches Verhalten (z.B. Dammbauten, Röhren, Nagetätigkeiten) Interessenskonflikte mit Liegenschaftseigentümern und mit Nutzungsansprüchen in der Kulturlandschaft entstehen.
Helga Maralik dazu:
Im Herbst 2019 wurde das Wäldchen zwischen Westbahnviadukt und Fußgängerbrücke über den Nagelbach immer mehr ausgedünnt. Bald konnte man den Grund für die Baumfällungen sehen, denn unmittelbar beim Eichgrabener Wahrzeichen entstand im Nagelbach ein Biberdamm. Die Biberburg wurde neben der Fußgängerbrücke in die Bachböschung hinein gegraben. Trotz ihrer beachtlichen Größe und einem Gewicht bis zu 18 kg waren die Tiere kaum zu sehen, denn Biber sind nachtaktiv. Der Rückstau des Nagelbaches reichte bis zu etwa 80 m in den von mir bewirtschafteten Weiserhof.
Deshalb fasste ich den Entschluss diesen Lebensraum mit den geschützten Bibern so gut wie möglich zu teilen.
Schon bald darauf wurden mächtige Uferbäume des Nagelbaches angenagt, die bei Fällung auf die Hauptstraße L 124 gefallen wären. Da war Gefahr im Verzug, denn ein Biber kann in einer Nacht einen bis zu 50 cm dicken Baum fällen. Auch im bewaldeten Steilhang unmittelbar hinter dem Weiserhof wurden mächtige Bäume angebissen, die auf die Scheune gefallen wären.
Um den streng geschützten Bibern ihren Lebensraum zu sichern, haben wir die gefährdeten Bäume mittels Manschetten aus Maschendraht oder Teichfolien vor einem weiteren Verbiss geschützt. Alle Bäume mit Gefahrenpotential mussten daher auch regelmäßig kontrolliert werden. Im Frühling 2020 wurde am Weiserhof sogar eine Holztüre zum Schupfen angenagt. Eine von mir konsultierte Biberexpertin wollte wissen, was hinter der Türe gelagert wird. Beim Wort „Äpfel“ war ihr alles klar, denn Biber können sehr gut riechen und sind als reine Pflanzenfresser fast süchtig nach Äpfel.
Etwa 80 m oberhalb des Nagelbaches steht auf einer Wiese ein mächtiger Apfelbaum, dessen Fallobst die Biber offensichtlich gerochen hatten. Ein Biber entfernt sich normalerweise kaum mehr als 20 m vom Wasser. Diesem Apfelgeruch konnten sie aber nicht widerstehen, denn über eine von ihnen errichteten Rutsche von etwa 80 m Länge wurde das Fallobst direkt in den Nagelbach transportiert. Der Staubereich des Nagelbaches wurde langsam auch zum Biotop anderer Lebewesen. Auch immer mehr Wildenten versammelten sich auf der aufgestauten Wasserfläche, denn sie können dort besser abheben und landen.
Zwischenzeitlich war der Staudamm samt Eingang zur Biberburg zum Publikumsmagnet für die Eichgrabener Bevölkerung geworden und wir waren sehr stolz, eine „Biber-Gemeinde“- zu sein. Im Frühling 2021 konnte die aufmerksame Spaziergängerin Andrea Stoiser den offensichtlich gesunden Bibernachwuchs sogar fotografieren.
Dann kamen jedoch die Bautrupps, um die Gehsteige samt Fahrbahn der Hauptstraße L 124 zu sanieren. Eine Bauhütte samt schweren Geräten wurden im Nahbereich der unterirdischen Biberburg positioniert. War der monatelange Baulärm zur Sanierung der Westbahntrasse samt schrillen Tröten für die Biber noch auszuhalten, war der Lärm des Straßenbaues samt den Bodenschwingungen für die Tiere dann doch zu viel.
Etwa Mitte Juli 2021 verließ die Biberfamilie den Standort Nagelbach – Westbahnviadukt in Richtung unbekanntes Ziel.
Fazit: Ein kooperatives Zusammenleben mit den Bibern ist möglich, aber auch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Durch gezielte Maßnahmen können unerwünschte Schäden weitgehend vermieden werden. In Summe überwiegt der ökologische Nutzen. Immerhin handelt es sich beim Biber um das größte Nagetier Europas, das nun auch in Eichgraben und da sogar in der Kernzone seinen Hauptwohnsitz errichtet hatte.
Anmerkung Marktgemeinde Eichgraben: mittlerweile haben wir 6 Biberbauwerke innerhalb des Ortes weitergezogen, die man entlang unserer Bäche bestaunen kann. Zum Beipsiel zwischen dem Loho-Bauernhof und dem Billa, gegenüber der Christbaumkultur, etc… (Titelfoto Michael Lehner)
Weiterführende Informationen rund um den Biber, die Rechtsgrundlagen und Ansprechpersonen am Land NÖ finden Sie hier
Artikel drucken